Papierkunst 7 I 2010

Text Papierkunst 7 2011

Frank Rothfuss

Ins Innere und wieder zurück:  Ein Reiseführer

Um auf die Reise in das Innere und zurück zu gehen, muss man zunächst innehalten, still sein, loslassen. Alles, was sich an Wissen, an Traditionen und alten Geschichten angesammelt hat, vergessen. Und tief unter die Oberfläche tauchen – dorthin, wo man mutig und offen den Bildern im Kopf begegnen kann. Der Augenblick selbst übernimmt die Regie, in dem der Künstler dem Prozess des Sehens und Fühlens ausgeliefert ist.
„Kann man lernen, die Dinge so zu sehen, wie sie in Wirklichkeit sind?”, ist die Frage, die sich Frank Rothfuß stellt, wenn er sich auf die unwägbare Reise begibt. Das künstlerische Handwerk ist es dann, was Bilder, Skulpturen und Rauminstallationen aus abstrakten Vorgängen und Begrifflichkeiten zu einer Antwort auf diese Frage formuliert. Das Ergebnis ist eine symbolische Bilderwelt, die mit Perspektiven, Wahrheiten, Bewusstsein und Raum spielt.
Je nach dem Auge des Betrachters ergibt sich ein augenzwinkernder Skeptizismus gegenüber den erlernten Mustern bis hin zur grundlegenden, völligen Auflösung von Sehgewohnheiten und Denkstrukturen. Für „Papierkunst 7” entstanden Werke aus Materialien, die vor Ort im Neuen Kunstverein zu finden sind. Kunsthefte, Kopierpapier und Hygiene Papierrollen. Die Materialien werden bearbeitet und spielerisch arrangiert zu einem „Bewusstseinsraum im Kunstraum”. Zentrum und Herzstück der Installation bildet die Couch – sie lädt dazu ein, sich mental (eine Herausforderung besteht darin, dies nur mental und nicht körperlich zu tun) niederzulassen und sich mit auf die Reise zu begeben, die alles hinterfragt. Zwar müssen wir als Betrachter anschließend zurück ins „Jetzt” mit seinen oberflächlich verankerten und unbefreiten Zwängen – aber vielleicht hat uns dieser kurze Augenblick des Perspektivwechsels verändert. Es steht uns frei, ein Stück Sehnsucht nach Wahrheit mitzunehmen. 
Text: Iris Wrede

Ausstellung

Wie man dem Hasen die Kunst erklärt

Die Ausstellung „Papier=Kunst“ im Neuen Kunstverein Aschaffenburg widmet sich dem fragilen Werkstoff zum siebten Mal.

FAZ
Von Christoph Schütte
10. August 2011 

Vielleicht sollte man den Hasen einfach mit nach oben nehmen. Dort, wo im zweiten Stock des Kunstlandings Frank Rothfuss nicht nur ein komplettes Wohnzimmer mit Jalousien, einem Sofa und einer Art Regal aus Küchenrollen installiert hat, sondern auch sein „MMMK“. Vor dem Mentalen Museum für Moderne Kunst nämlich könnte es womöglich funktionieren. Dass jemand wie schon weiland Joseph Beuys dem toten Hasen, wenn schon nicht die gleichfalls aus Papier geformten Bilder erklärt, so doch immerhin den Markt und die dazugehörigen Künstlerrankings offenlegt.

Denn was, mag sich der Betrachter hier mitsamt seinem Begleiter fragen, hat den Künstler wohl bewogen, seine Top 100 der Gegenwartskunst fein säuberlich gleichsam in Marmeladengläsern einzumachen? Und, sagen wir, Luc Tuymans oder Gerhard Richter, Santiago Serra oder Peter Doig in diese Liste aufzunehmen, Jeff Koons mitsamt seiner Ilona, Jeff Walls „Insomnia“ oder Matthew Barney, jene Künstler, die nun im Rahmen der „Papier=Kunst“ überschriebenen Ausstellung im Neuen Kunstverein Aschaffenburg einen äußerst inspirierten Auftritt haben, hingegen samt und sonders nicht.

Bis 18. September ist die Ausstellung im Neuen Kunstverein Aschaffenburg, Landingstraße 16, dienstags von 14 bis 19 Uhr, mittwochs bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.